Koalitionsvertrag, Podcast Antinährstoffe
"Wir wissen wie es geht, handeln aber nicht entsprechend"
Das ist der BeeWell Newsletter. In jeder Ausgabe schreibe ich über ein oder zwei relevante Nachrichten in der Ernährung
Dieses Mal:
📄✍️📑 Koalitionsverhandlungen: SPD und CDU/CSU einigen sich auf keine konkreten Maßnahmen. Schaut selber wo ihr bleibt!
🥦 Neue Podcast-Folge über Antinährstoffe
Koalitionsvertrag - Ernährung ist jedem selbst überlassen
Seit 10.04.2025 haben sich die drei Parteien CDU/CSU und SPD auf einen Koalitionsvertrag geeinigt. Sollten die SPD-Basis und die CDU/CSU dem Vertrag zustimmen, dann ist das grob das Programm woran sich die neue Bundesregierung dann richten wird.
Gesetzlich ist so ein Koalitionsvertrag nirgends festgelegt. Ich sehe ihn daher als eine Absichtserklärung. Grundsätzlich kann jede Fraktion im Bundestag immer Gesetzesentwürfe einbringen und dann darüber debattieren und entscheiden. Aber es hat sich eingebürgert, dass die Partein mit der Mehrheit (Regierungspartein) grundsätzlich alle Anträge der Opposition ablehnen und die eigenen per Fraktionszwang durchdrücken. Die Legislative Bundestag ist also umgangen. Aber: anders Thema.
Ernährung ist wichtig, aber…
Das Wort “Ernährung” wird im Koalitionsvertrag acht mal genutzt. Davon vier mal in Überschriften. Das erste mal tauch es im Kapitel “Ländliche Räume, Landwirtschaft, Ernährung, Umwelt” unter der Überschrift Umwelt und Ernährung.
Wir setzen vor allem auf Freiwilligkeit, Anreize und Eigenverantwortung und sorgen zugleich für die Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutzstandards.
Eigenverantwortung und Freiwilligkeit - das ist das Motto unter dem das große Thema gesunde Ernährung im Koalitionsvertrag läuft.
Wir setzen uns für mehr Transparenz bei versteckten Preiserhöhungen ein. Lebensmittelverschwendung bekämpfen wir auf allen Ebenen und unterstützen gemeinnützige Organisationen wie die Tafeln.
Das grundsätzliche Problem, dass für viele gesunde Lebensmittel zu teuer sind und zum Beispiel viele Renter und Rentnerinnen nicht genügen Geld haben und damit auf Tafeln angewiesen sind wird nicht erwähnt. Ganz zu schweigen von konkreten Maßnahmen wie zum Beispiel die Mehrwertsteuer für Grundnahrungsmittel abzuschaffen.
Wir fördern verstärkt Bewegung und gesunde Ernährung, insbesondere von Kindern und Jugendlichen.
Wie genau? Keine Ahnung, steht nicht drin. Dabei gibt es schon konkrete Empfehlungen vom Bürgerrat Ernährung, der 2024 zu Folgenden Ergebnissen kam. Die wurden dem Bundestag auch übergeben. Jetzt könnte man eigentlich zeigen, dass man es ernst meint mit Bürgerbeteiligung.
Die Vorschläge des Bürgerrats:
Kostenfreies Mittagessen für alle Kinder in Ganztageseinrichtungen.
Leichter einkaufen: ein (1) verpflichtendes staatliches Label zu Klima, Tierwohl, Gesundheit (Zucker, Fett, Salz, Zusatzstoffe, Verarbeitungsgrad) auf Verpackungen.
Verpflichtende Weitergabe von genießbaren Lebensmitteln durch den Lebensmitteleinzelhandel an Tafeln.
Fördern statt Fordern – neuer Steuerkurs für Lebensmittel
0%-Steuer auf:
unverarbeitetes Obst und Gemüse aus der EU in Bio-Qualität
tiefgefrorenes Obst und Gemüse in Bio-Qualität (schwierig, Bio nicht immer besser)
Obst und Gemüse, das der Klasse 2 angehört (nicht der optischen Norm entspricht)
Hülsenfrüchte, Nüsse und Vollkorngetreide
Mineral- und Tafelwasser.
Gesunde, ausgewogene und angepasste Gemeinschaftsverpflegung in Krankenhäusern, Reha-, Senioren- und sonstigen Pflegeeinrichtungen
Verbrauchsabgabe zur Förderung des Tierwohls
Altersgrenze für Energydrinks
Mehr Personal für Lebensmittelkontrollen und bessere Transparenz der Ergebnisse für die Öffentlichkeit
Mehr dazu in der Podcast-Folge 2.
Aber davon ist im Vertrag nichts zu lesen. Auch ein Verbot von Werbung für Junk Food und Süßigkeiten und eine Besteuerung zuckerhaltiger Getränke finden sich nicht. Dabei sind das nachgewiesen Wirksame Maßnahmen gegen ernärhungsbedingte Krankheiten wie Adipositas und Diabetes.
Weniger für nachhaltige Landwirtschaft
Wer gesunde Ernährung will, der muss auch an die Zukunft denken. Wir brauchen gesunde Böden und sauberes Trinkwasser, sowie Artenvielfalt und ein Klima, das es möglich macht in Deutschland gute Ernten zu haben.
Kurz gesagt: danach sieht es laut Koalitionsvertrag nicht aus:
Abschaffung der Stoffstrombilanz, also Überdüngung der Böden
EU-Pestizidreduktion - fehlt
leichtere Einführung von neuen Pestiziden
Agrarförderung bleibt beim alten: große Betriebe profitieren
weniger für Verbraucherschutz,
weniger Kontrolleure.
Mehr dazu auf super zusammengefasst auf Foodwatch.org
Zusammengefasst
Nichts Konkretes und am Ende müssen wir alle selber wissen was gut für uns ist. Das war zu erwarten und am Ende ist so ein Koalitionsvertrag ja auch nicht bindend.
Aber den Wind, der in den nächsten vier Jahren in der Ernährungspolitik wehen wird, können wir deutlich spüren - ein laues Lüftchen. Das die Probleme die wir haben nachhaltig und wirksam angegangen werden ist nicht zu erwarten. Das zuständige Ministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Heimat geht übrigens an die CSU - wir dürfen gespannt sein.